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Verborgener Schatz

Salz findet man in jeder Küche. Es zu produzieren, erfordert fast religiöse Versenkung.

Die Silhouette eines Dromedars erscheint am Horizont, ein Esel vagabundiert durch die öde Landschaft. Zartflügelige Libellen haben sich vor dem Zelt des Salzbauern Sanabhai verabredet: In Scharen, wie stille Alkoholikerinnen, werden sie sich auch heute Nacht am Licht seiner Lampe besaufen.

Alles wirkt hypnotisch im Rann von Kutch, dem riesigen Salzsumpf an der südlichen Grenze zwischen Indien und Pakistan. Die Wüste war einst eine Bucht des Arabischen Meeres. Wegen einer Hebung des Meeresbodens hat sich das Wasser zurückgezogen, ohne jedoch ganz zu verschwinden: Es ist unter der Erde verborgen und kann mit kräftigen Pumpen wieder an die Oberfläche gebracht werden.

Sonne und Wind werden Sanabhai helfen, die Lake zu wertvollen weissen Kristallen zu verdichten. Ein kleiner Schatz ist dieses unterirdische Wasser, der sorgfältig verwaltet werden muss. Die geduldigen Menschen, die seit Generationen hierherkommen, wissen es: Geleitet von einem alten Instinkt, besänftigen sie mit einfachen Zeremonien (einer brennenden Kerze, einer geopferten Kokosnuss) die übermächtigen kosmischen Kräfte.

Das zeigt dieser fesselnde Dokumentarfilm, der das Leben eines Salzbauern und seiner Familie während der Monate der Ernte verfolgt. Man wird Zeuge eines stoischen Kampfes gegen eine magische, aber gegenüber den menschlichen Wünschen gleichgültige Natur: ein heroisches Unternehmen, das sich allmählich in eine religiöse Suche nach der Vollkommenheit verwandelt.

«Diese wundersame Welt ist dein Tempel», singen Sanabhais Kinder. Die indische Regisseurin Farida Pacha und der deutsch-schweizerische Kameramann Lutz Konermann führen aufs Eindrücklichste vor, wie dies zu verstehen ist.

Von Pierfrancesco Basile. Aktualisiert am 24.09.2014

http://www.zueritipp.ch/kino/kino/verborgener-schatz-/story/25603982/

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